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(Erste) Hilfe für verletzte Wildvögel
Sie sind die Herren der Lüfte, aber längst nicht unverwundbar. Doch wie reagiert man am besten, wenn man ein verletztes oder kraftloses Vögelchen am Wegesrand findet? Eine Anlaufstelle für diese Frage kann die Wildvogelhilfe sein – eine Facebook-Gruppe, die sich auch in Bonn der Versorgung und Rettung von gefiederten Notfällen widmet.
Ein Vogelleben ist nicht ungefährlich: Amsel, Drossel, Fink und Star stehen auf der Speisekarte vieler Katzen oder fliegen schon mal gegen Fensterscheiben. Jungvögel verletzen sich bei ihren ersten Flugversuchen und manche Küken fallen sogar aus dem Nest. Kein Wunder also, dass viele Leute irgendwann einmal einen verletzten Wildvogel bei sich im Garten, im Wald oder in der Stadt finden. Oftmals wissen sie allerdings nicht, wie sie den gefiederten Patienten helfen können.
Wildvogelhilfe via Facebook
Für Finder ist es ein Leichtes, sich online über (Erste) Vogelhilfe zu informieren. Einen direkten persönlichen Kontakt bietet hier vor allem Facebook: Die Gruppe „Wildvogelhilfe“ organisiert sich über das Soziale Netzwerk. Die Wildvogelhilfe hat nichts mit der gleichnamigen Webseite zu tun, sondern setzt sich zu 95 Prozent aus freiwilligen „Päpplern“ und Vogelfreunden aus ganz Deutschland zusammen. Es gibt auch Ansprechpartner in Österreich und der Schweiz, und sogar jeweils eine Anlaufstelle in der Türkei und auf Mallorca.
Die engagierten Helfer versuchen Leben zu retten, wo es nur geht und kümmern sich vor allem um medizinische Notfälle. „Wir haben es auch schon geschafft, Vögel in Italien via Webberatung zu versorgen und einen passenden Arzt herauszusuchen“, berichtet eine Gruppen-Administratorin. Daneben geben sie Leuten Tipps, die die gefiederten Tiere ohne Unterstützung versorgen wollen. Ilka B. ist ehrenamtliche Päpplerin und seit kurzem als Ansprechpartnerin für die Region Bonn/Rhein-Sieg und den nördlichen Teil von Rheinland-Pfalz mit dabei. Sie hat sich auf die Versorgung verletzter Mauersegler spezialisiert.
Mauersegler werden aufgepäppelt
Heute hat sie über Facebook ein Mauersegler-Junges vermittelt bekommen. Es kann noch nicht fliegen, ist stark unterernährt und von einem Parasiten befallen. Sein Gesundheitszustand ist ernst. Warum das Küken nicht mehr im Nest ist, kann Ilka B. nur vermuten: „Wahrscheinlich hat die Hitze der letzten Wochen etwas damit zu tun. Mauersegler sind Höhlenbrüter, sie haben also kein normales Nest im Freien, wie wir es von Meisen und anderen Vogelarten kennen. Ihre Höhlen können sich wetterbedingt schon mal auf 70 bis 80 Grad aufheizen. Ich denke, der Kleine ist wegen der Hitze einfach aus dem Nest gehoppelt.“
Werden Mauersegler flügge, bleiben sie normalerweise die ersten zwei Jahre komplett in der Luft. Ausgewachsene Vögel am Boden seien häufig ein schlechtes Zeichen, sagt die Helferin. Die Chance, dass das Junge überlebt, liege bei 50 Prozent: „Es ist wirklich sehr schwer abzuschätzen. Aber ich bin froh, dass es Leute gibt, die hilfslose Vögel nicht einfach ignorieren, sondern handeln.“
Unterschiedliche Kapazitäten und Vogelarten
Der Platz in ihrer privaten Mauersegler-Päppelstation reicht für vier Vögel – das unterernährte Junge von heute wäre Nummer fünf. Deshalb wird Ilka B. den Kleinen nach erfolgreicher Erstversorgung an einen anderen Ehrenamtlichen oder eine andere Ehrenamtliche aus Bonn abgeben müssen. Wie viele Vögel jemand aufnehmen kann, unterscheidet sich individuell.
In der Facebook-Gruppe führen die Administratoren Listen, auf denen die Vogelpäppler nach Regionen sortiert sind. So kann jedem Notfall, der in der Gruppe gepostet wird, schnell und effektiv geholfen werden. Das passiert in der Regel spätestens nach fünf Minuten. „Eigentlich ist immer jemand online und hilft – auch nachts“, weiß Ilka B.
Jeder Päppler ist unterschiedlich spezialisiert: Während die einen sich um Tauben kümmern, versorgen andere Meisen. Manche kennen sich auch mit mehreren Vogelarten aus. Für bestimmte Vögel sind dabei besondere Regelungen zu beachten. So gilt für verletzte Krähen, Eichelhäher und Elstern das Jagdgesetz. Findet man einen entsprechenden Vogel, muss daher der Jagdausübungsberechtigter der Gegend informiert werden. Greifvögel dürfen ebensowenig an private Vogelpäppler, sondern nur zu genehmigten Stationen oder Falknern gebracht werden.
Dem Mauersegler haben die schnellen Reaktionen in der Facebook-Gruppe vielleicht das Leben gerettet. Trotzdem gilt weiter: Daumen drücken!
Richtiges Vorgehen im Notfall
Wer einen verletzten oder geschwächten Wildvogel findet, sollte drei Schritte befolgen:
- Vogel sichern: Dazu einen Schuhkarton mit einem Handtuch auslegen, das Tier vorsichtig hineinsetzen und einen Deckel mit Luftlöchern daraufsetzen.
- Vogel von der Seite fotografieren: Das ist wichtig, um die Art des Vogels zu bestimmen zu können. Einem Vogel niemals ohne Rücksprache Nahrung oder Wasser einflößen! Abhängig von der Art, kann das Tier dadurch dauerhafte Schäden davontragen oder sogar ertrinken.
- Kontakt über die Wildvogelhilfe auf Facebook aufnehmen: Kurz beschreiben, was passiert ist, und das Foto in die Gruppe posten.